Der Erbschein ist nicht immer notwendig

By | 25. Juni 2015

Ein öffentliches Testament ersetzt oft den Erbschein, doch nicht bei allen geschäftlichen Angelegenheiten. Im Erbschein sind die Anteile am Nachlass enthalten; es ist nach § 417 ZPO eine amtliche Bestätigung, die feststelle, wer Erbe ist. Den Erbschein beantragen Erben beim Nachlassgericht, das seinen Sitz beim Amtsgericht hat. In Baden-Württemberg ist nicht Nachlassgericht für die Erteilung des Erbscheins zuständig, sondern die Notariate.

Inhalt des Erbscheins

Mit dem Erbschein legitimiert sich der Erbe als solcher bei Banken, Geschäftsleuten, Vermieter und Behörden. Bei der Ausstellung des Erbscheins geht das Nachlassgericht / Notariat davon aus, dass der Erbe die Erbschaft annimmt. Gibt es mehrere Erben, so weist der Erbschein den Anteil der Miterben nach § 2353 BGB am Nachlass aus. Auch Beschränkungen wie Anordnungen nach § 2363 Abs. 1 BGB bezüglich der Vor- und Nacherben sowie der Vollstreckung des Testaments (§ 2364 BGB) sind im Erbschein enthalten.

Einsatz des Erbscheins

Der Erbe ist nicht verpflichtet, den Nachweis seines Erbrechts durch den Erbschein zu dokumentieren. Ausnahme ist, wenn das Gesetz oder bestehende Verträge diesen Nachweis fordern. Der Gesetzgeber fordert den Erbschein als Nachweis bei Grundstücken. Hier muss sich der Erbe gegenüber dem Grundbuchamt anhand des Erbscheins legitimieren (§ 35 Abs. 1 S. 1 Grundbuchordnung). Ein öffentliches Testament / Erbvertrag ersetzen mit dem Eröffnungsprotokoll nach § 35 Abs. 1 S. 2 Grundbuchordnung beim Grundbuchamt den Erbschein. Das Grundbuchamt kann auf die Vorlage eines Erbscheins bestehen, wenn das öffentliche Testament das Erbrecht der Person nicht klar definiert.
Üblicherweise akzeptieren Banken, Sparkassen und Versicherungen das öffentliche Testament / Erbvertrag als Legitimation des Erben. Hält sich der Sachbearbeiter jedoch streng an die Vorschriften und den allgemeinen Geschäftsbedingungen, fordert er die Vorlage eines Erbscheins. Ausnahmen, bei denen Banken das öffentliche Testament / den notariellen Erbvertrag akzeptieren, sind kleine Beträge oder Haftungserklärungen.

Erbschein ist nicht immer nötig

Ein Erbschein ist nicht erforderlich, wenn der Erblasser eine General- und Vorsorgevollmacht verfassen ließ, die über sein Ableben hinaus geht. Die Klausel hierfür ist „Die Vollmacht erlischt nicht durch Tod oder Geschäftsunfähigkeit des Vollmachtgebers“.

Wer beantragt den Erbschein?

Jeder, der glaubt, den Nachlass des Verblichenen ganz oder teilweise zu erhalten, kann einen Erbschein beantragen. Seinen Antrag stellt er beim zuständigen Nachlassgericht, in Baden-Württemberg beim Notariat. Er bringt neben seinem Personalausweis / Pass die Sterbeurkunde des Erblassers mit. Außerdem benötigt er eine eidesstattliche Versicherung, dass in Bezug auf das Erbe keine rechtlichen Streitigkeiten anhängig sind sowie die Richtigkeit seiner Angaben. Sofern ein Letzter Wille vorliegt, ist dieser ebenfalls dem Nachlassgericht / Notariat vorzulegen. Auch hier ist eine eidesstattliche Versicherung darüber notwendig, dass keine weiteren Testamente vorliegen.